************************* Erik Stein <1001-1@gmx.net> ************************** > LIBÉRATION Dienstag 18 Mai 1999 Die Reklame im Hors Champ Der Konflikt schreckt die Inserenten nicht «Es gibt nur ein Medium, daß zu ignorieren scheint, daß die Welt sich im Krieg befindet: die Werbung». Noch eine fette Provokation von Oliviero Toscani, Herr Reklame bei Benetton? Fehler: die Werbung liegt diesmal super-richtig. Wenn dieser Italiener es als gut beurteilt hat, «zu versuchen jenes zu ändern und die Aufmerksamkeit des Publikums anzuziehen» (1), indem er die Mauern, Bildschirme und Zeitschriften mit Blutlachen bespritzt (in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlings-Hochkommisariat der UNO), dann stammt der Kosovo-Krieg - in der Werbe-Sprache gesagt - vom Nicht-Ereignis ab. Spion! «Offensichtlich haben die Inserenten von Beginn auf die Hypothese gesetzt, daß dieser Konflikt sich arrangieren, oder zumindest daß er nicht zum globalen Konflikt degenerieren würde: Sie haben also für nicht gut befunden, ihre Kampagnen zu annulieren, auf später zu verschieben oder zu verändern», faßt der Experte Luciano Bosio zusammen, Chef von Carat Expert (einem Medienberatungs-Unternehmen). So haben Société Générale und Paribas in keinster Weise - zumindest nicht öffentlich - ihr Bedauern ausgesprochen, am Morgen der Intervention der NATO im Balkan Lastwagenladungen an Zeitungsseiten über den «Raid [Raid heißt im Frz. und auch Englischen sowohl Luftangriff mit Langstreckenbombern als auch die Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes] und die Realität» veröffentlicht zu haben. So hat der Club Méditerranée nicht gezögert, (wieder und wieder...) vom Kreuzen vor und vom Aufenthalt in der Türkei zu sprechen, in Farbe und im Hauptteil der großen Tageszeitungen (Le Figaro, Le Monde, Libération...), zur Zeit der vollsten Bombadierung Serbiens. Weshalb dennoch der Médiateur [Vermittler zwischen Redaktion und Lesern] von Le Monde (Robert Solé) sich dazu gezwungen fühlte, mit einer kleinen Erklärung an die Leser über das «Gewicht der Reklame» sich selbst zu spalten. «Diese Anzeigen sind in der Mitte von gezwungenermaßen stark gelesen Seiten gelaufen. Ich glaube nicht, daß das die Frucht eines Fehlers ist», sagt Luciano Bosio. Zynisch? Einfach realistisch? «Das Leben geht weiter.» Man ist auf jeden Fall weit entfernt von der vom Golfkrieg hervorgerufenen extremen Bemühung, sich ganz klein zu machen. «Damals hat sich die Branche wirklich Fragen gestellt. Treffen mit Konsumenten hatten viele Anzeigenkunden entmutigt. Es hatte sich eine wahre Phobie vor Saddam Hussein entwickelt, die Leute haben buchstäblich gefürchtet, irakische Raketen auf den Kopf zu bekommen. Sie hamsterten, lagerten Grundlebensmittel ein wie öl, Nudeln... Viele haben sich gesagt, was mit der Werbung machen in einem solchen Kontext?», erinnert sich Eric Tong Cuong (Euro RSCG BETC). Alle? So einfach ist das nicht. «Als es die Mini-Rezessionen in den USA gab, investierten die großen Inserenten noch mehr in Werbung!» Motiv: die kleinen verzichten eher, die großen haben also alle Chancen, sehr effiziente Kampagnen zu führen. Während des Golfkriegs beurteilte McDonalds es als nicht gut, die Pläne für die Kampagnen in Frankreich zu ändern. «Ihr Impact wurde davon verstärkt. Aber was interessant ist, daß ist, daß ihr Image darunter nicht gelitten hat. Tests haben gezeigt, daß die Fernsehzuschauer der Meinung waren, die Werbe-Bilder zwischen zwei Bildern von Raketen führten sie - paradoxerweise - zurück zur Realität, zum Gefühl dessen, daß das Leben weitergeht.» Nichtsdestoweniger nennen sich nicht alle Inserenten McDo, und der Golfkrieg hat sich - auch - in einem echten Rückgang der Werbe-Investionen ausgewirkt. «Eine Katastrophe. Seine Effekte konnte man während der zwei oder drei folgenden Jahre spüren. Zwischen diesem Krieg und 1995 hat man einen Rückgang von 20% in der Investitionen für Print-Medien registiert.», meint Luciano Bosio weiter. Zuwachs von 3 bis 4%. «Dieses Mal, außerhalb von jedem moralischen Urteil, hat die Einstellung der Inserenten während des vollen Konflikts im Kosovo eine Koheränz.» Zuerst, weil sie der der Konsumenten nachgibt, die in nichts ihr Kaufverhalten geändert haben. Dann, selbst wenn die Spenden für die Flüchtlinge fließen, «scheinen die Franzosen eine rationale und nicht-emotionale Einstellung gegenüber diesem Krieg zu haben. Kurz gesagt, sie versuchen vor allem zu verstehen, und das verhindert Panik- und Hamster-Reaktionen... Eigentlich spielen die Arbeitslosenzahlen ein viel wichtigere Rolle als dieser Krieg. Und 1999», sagt der Experte von Carat voraus, «werden die Zahlen der Werbung im schwarzen Bereich liegen. Im Wachstum, von 3 bis 4%. Zumindest wenn der Krieg nicht ewig dauert.». Catherine Mallaval (1) Libération vom 27.04.1999 ::1001-1 class library ******************************************************************************** ROLUX h0444wol@rz.hu-berlin.de http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/