________________________________________________________________________________ Guten Tag, > Wenn das Konzept "Open Source" - die Freigabe von Software-Quellcodes und > ihre massenhafte, dezentrale und firmenunabhängige Weiterentwicklung - in > den letzten Monaten stetig steigende Aufmerksamkeit erfährt, so ist das > nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, daß dieses Modell das Versprechen > birgt, sich zum Grundbaustein einer neuen "digitalen Ökonomie" zu > entwickeln. Überall dort, wo derzeit die radikale Neuorganisation von > Arbeitsverhältnissen verhandelt wird, haben sich Begriffe wie gift economy > und attention economy als zentrale keywords etabliert. [...] > In der Tat hält die nostalgische Vorstellung von der Open Source Community > als globalem gallischen Dorf, das tapfer und unbeirrbar der Macht der > Software- Giganten widersteht, einem Vergleich mit der Realität nicht > stand. Tatsächlich ist den Produzenten und Propagandisten von freier > Software ihre Avantgarderolle bei der Modernisierung der Softwaregeschäfts > längst in einem Maße bewußt, daß kaum jemand von ihnen noch einen > Widerspruch zwischen der Idee quelloffener Software und den potentiellen > Interessen des big business auszumachen vermag. Die Darstellung, Projekte wie Linux etc. basierten nur auf dem selbstlosen Engagement einiger Freaks, war ja schon immer arg romantisierend. Ein nicht unbedeutender Teil dieser Software entsteht in/als wissenschaftliche(n) Projekte(n), also weder aus besonders selbstloser Motivation, noch oekonomisch voellig unabhaengig - dieser Sektor wird natuerlich massiv direkt (Forschungsgelder) und indirekt (Infrakstruktur, z.B. das Netz) staatlich subventioniert. Selbstredend bringt auch der Wissenschaftsapparat schon immer eine Art "Aufmerksamkeitsoekonomie" mit sich, dies ist dann aber wohl keine radikale Neuordnung irgendwelcher Arbeitsverhaeltnisse. > Und so dominierten gegen Ende der Debatte tatsächlich Anwenderfragen und > praktische Kundenberatung die Diskussion. Heftige Gegenrede löste allein > die Wortmeldung eines Kongreßbesuchers aus, der darauf insistierte, der > Grundgedanke von Open Source stelle auch weiterhin eine Alternative zur > bestehenden Ordnung der freier Marktwirtschaft dar. "Der Unterschied > zwischen Open Source und Kommunismus", so eine Stimme aus dem Publikum, > "liegt darin, daß der Kommunismus den Menschen Ruhm und Ehre verweigert > hat" und so an einem allgemeinen Motivationsmangel zugrunde gegangen ist, > der in der attention economy völlig undenkbar ist. Open Source als gesellschaftlicher Gegenentwurf? Naja. In der Realitaet begruendet sich doch gerade darauf die Herausbildung einer neuen technokratischen Elite, die wohl sehr bewusst die freie Verfuegbarkeit des Quellcodes ueber die tatsaechliche Transparenz eines Systems stellt und so qua Expertentum neues Herrschaftswissen schafft. Das Resultat: Alternativen zu herkoemmlichen Produkten und Produktionszusammenhaengen entstehen nur fuer die, die fit sind fuer diese neue Elite. Der Massenkompatiblitaet widmen sich lediglich die kommerziellen Distributoren, und kreative neue Ansaetze fuer eine groessere Transparenz der Software fehlen vollkommen. Symptomatisch dafuer ist, dass die meistverbreitete Linux-GUI ausgerechnet aussieht wie Windows 95 ... Tschoe Janko -- Janko Roettgers - roettgers@devcon.net - http://www.devcon.net/~roettgers/ ________________________________________________________________________________ no copyright 1999 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. more information: mail to: majordomo@rolux.org, subject line: , message body: info. further questions: mail to: rolux-owner@rolux.org. archive: http://www.rolux.org