________________________________________________________________________________ (Meine Antwortmail an Sebastian Luetgert wurde gestern dreimal vom rohrpost-majordomo weggefressen; auch Andreas Broeckmann raetselt, warum. Um so seltsamer, als meine zweite Mail mit dem Ingold-Hinweis problemlos durchkam. Schick ich den Text halt ueber das selbstgebastelte rohrpost-privat.) >bis hin zu den slick resistenten holzhammermetaphorisch >militanten und voellig unspielbaren toywar-plattformen >und etoy-kampagnen dieser welt, die bloss vertikal mit >wired news und spiegel online kommunizieren und sonst >niemand mit niemandem nirgendwas Nach dem Auswurf eines Fahrrads ein Aufschrei aus partnersuchender Seele. Sebastian! Vielleicht liegt grad in der Unspielbarkeit von Toywar sein Geheimnis? Ein surrealer Aufmarsch, fuer Freund und Feind unfassbar, und gerade dadurch fuer die Gegenseite hoechst beunruhigend. Weil das Unfassbare mehr als alles andere die Phantasie anheizt. Toywar war vom Konzept her Kunst, nicht Politik! Und zwar Kunst, die der Realitaet ihre Wirkung aufzwingt (insofern in der Tradition des Kunstterrorismus). Ein Event, das der Eventkultur im Sinnes eines "to hype out the hype" fuer einen Moment die Luft abschnuert. Weil nichts mehr geht. Eine Art von Nichts, die Dir eigentlich gefallen muesste. Ein zweites: Als Toywar am 1. Januar aufgeschaltet wurde, war die heisse Phase der Auseinandersetzung schon gelaufen. Es gab die oeffentlich erklaerte Bereitschaft des Einlenkens, und deshalb kam alles auf einen nachhaltigen Druck (hauptsaechlich auf der Investorenebene) an. In dieser Phase konnte Toywar nur eine Rekrutierungs- und Koordinationsfunktion uebernehmen. Bedeutet politisch: Wir wissen nach wie vor nicht, was Aktionsplattformen in "heissen Phasen" leisten koennen. Viele Tools wurden nie installiert, weil der Moment dafuer nicht gegeben war. Die Idee, Layers weltweiter virtueller Gruppen (die aus Bekanntschafts- und Zufallselementen gemischt sind) uebereinanderzulegen, scheint mir nach wie vor ein interessantes politisches Konzept. Punkt 1 war Kunst, Punkt 2 war Politik, Punkt 3 ist Kommunikation. Ich bin seit kurzem Superuser fuer Toywar und habe gerade die Kommunikationsstrukturen analysiert. Richtig ist, dass das Kommunikationstool von Toywar hauptsaechlich fuer (oft nicht gerade taufrische) Informationen (one to many) und nicht fuer Multiloge (a few with a few) genutzt wurde. Die Chatprotokolle liefern da schon ein anderes Bild (aber Chat gab es erst Tage vor der Kapitulation). Es darf zumindest vermutet werden, dass die Querkommunikation in heissen Phasen exzessiv anstiege (einschliesslich des Effekts, dass intensive VL-Kontakte intensive VR-Kontakte ausloesen). Etoy's Kunstkonzept ist, wie ich in meinem Telepolis-Beitrag ausfuehre http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5768/1.html Beteiligungskunst. Es gibt insgesamt 640.000 Shares, die nach einem "sozialistischen" Schluessel ("jedem nach seiner Arbeit") verteilt werden. So flossen 10% des Grundkapitals an Toywar. Je mehr etoy's Kunst geschaetzt wird, um so mehr steigt der gehandelte Wert der Anteilsscheine. Statt Objekte zu fabrizieren, besteht das Kunstkonzept darin, den Marktwert des Kunstkapitals zu steigern. Ich wuesste nicht, wie das ohne Kommunikationen zu schaffen waere. Je mehr man sich auf die Etoy-Kampagne einliess, in desto mehr Kommunikationen wurde man hineingezogen. Es gab Tage mit hunderten an Kommunikations- (nicht Informations!)mails. Fuer mich sind in den paar Kampagnenwochen mehr globale Freundschaften entstanden als in den zehn Jahren davor (also seit dem Beginn meiner Globalisierungs- und Internetforschungen 1988 bzw 1994). Und eine Grosszahl dieser Leute hatte nie voneinander gehoert. Ich habe Zugang zum gesamten Kommunikationsintranet von etoy, darunter allen Mails der Kampagne. Zai, etoy's Pressesprecher, hat buchstaeblich mit hunderten von Nicht-und-Niemals-Presseleuten kommuniziert. Vielleicht haettest Du ihm, Sebastian, einfach einmal eine Mail schicken sollen? ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost ________________________________________________________________________________ no copyright 2000 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. more information: mail to: majordomo@rolux.org, subject line: , message body: info. further questions: mail to: rolux-owner@rolux.org. archive: http://www.rolux.org