________________________________________________________________________________ Deutsches Haus 41-43/00 Vier deutsche Jugendliche haben in der Nacht zum 29. September in Potsdam (Brandenburg) eine Gruppe junger Türken beschimpft und ihnen eine Pizza geklaut. Die vier Türken zwischen 16 und 18 Jahren waren als Gäste eines Fernsehsenders in der Stadt und befanden sich gerade auf dem Weg von der Pizzeria in ihr Hotel. Einer am 25. September veröffentlichten Untersuchung des Moses- Mendelssohn-Zentrums zufolge sind in Deutschland zwischen Mai 1945 und Dezember 1999 etwa 1 000 jüdische Friedhöfe geschändet worden. In einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt hat sich Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am 25. September gegen »ungesteuerte Zuwanderung« ausgesprochen, da »diese mit Belastungen verbunden sein« könne. Die deutsche Praxis bei der Anerkennung von Asylbewerbern kritisierte er, weil sie »in großem Umfang zur Einwanderung genutzt« werde. Am Abend des 24. September haben Unbekannte einen Brandanschlag auf ein von zwei Asylbewerberfamilien bewohntes Haus bei Ellwangen (Baden- Württemberg) verübt. Die Täter zündeten einen Stofflappen an und legten ihn hinter der Haustür ab. Das Feuer konnte von einem im Erdgeschoss lebenden Hausbewohner gelöscht werden. Am selben Tage stürmte eine Gruppe von neun Skinheads einen Autohof in Northeim (Niedersachsen) und griff das Küchenpersonal mit der Begründung an, dass dieses eine Bestellung nicht korrekt ausgeführt habe. Die Angreifer schlugen mit Knüppeln auf zwei 24 und 25 Jahre alte Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien ein und verletzten sie am Hinterkopf, am Hals und an den Armen. Eine Gruppe von 15 bis 20 Deutschen hat am Abend des 23. September in Düsseldorf (Nordrhein- Westfalen) einen 50jährigen in Benin geborenen Deutschen verprügelt. Der Mann wollte mit seinem Fahrrad an den Angreifern vorbeifahren, woraufhin sie ihn mit ausländerfeindlichen Parolen beschimpften und zuschlugen. Zwei Frauen und ein Mann wurden festgenommen. Nach Angaben der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum haben Polizeibeamte am 9. September einen Kurden an einer Autobahnraststätte bei Alsfeld (Hessen) beleidigt und körperlich angegriffen. Zunächst sollen die Polizisten den Mann gegen seinen Wagen gestoßen und ihn in den Magen geschlagen haben. Einer der Beamten stieß dabei Beschimpfungen wie »Scheißkanacken« und »Drecksäcke« aus. Auf der Wache wurde dem Kurden die Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt verwehrt und damit gedroht, dass er »sein Brillenglas im Auge wiederfinden« werde. Zwei Wochen nach dem Übergriff teilte die Kriminalpolizei Alsfeld dem Rechtsanwalt des Opfers mit, bei dem Vorfall habe es sich um eine »verdachtsunabhängige Kontrolle« gehandelt. Ein 25jähriger Unteroffizier der Bundeswehr ist im September wegen rassistischer Äußerungen gegenüber einem 20jährigen Wehrdienstleistenden türkischer Herkunft entlassen worden. Der Stabsunteroffizier habe während des Dienstes den Text »Wenn Ali an der Eiche baumelt und Mehmet durch den Gasraum taumelt, wenn man mit Hakan unsere Straßen teert, dann ist Deutschland wieder lebenswert« vom Display seines Mobiltelefons vorgelesen. Insgesamt gingen in der ersten Hälfte dieses Jahres 89 Beschwerden wegen fremdenfeindlicher Vorfälle beim Wehrbeauftragten Wilfried Penner (SPD) ein. In der Nacht zum 3. Oktober ist in Schwerin (Mecklenburg- Vorpommern) ein Ehepaar aus der früheren Sowjetunion von zwei rechtsradikalen jungen Männern angegriffen worden. Die Täter hatten zunächst Häuserwände und ein Lenin-Denkmal mit Naziparolen besprüht, danach griffen sie die beiden an und riefen »Russen raus«. Die Frau erlitt schwere Kopfverletzungen. Gegen einen 18jährigen wurde Haftbefehl erlassen. Am Tag zuvor war in Schwerin der Imbiss eines Georgiers in Brand gesetzt worden. In derselben Nacht ist die KZ-Gedenkstätte Buchenwald (Thüringen) von Unbekannten verwüstet worden. Die Täter beschmierten Tafeln an Zufahrtswegen und Gedenksteinen mit Hakenkreuzen und warfen zwei Pflastersteine gegen das Fenster eines Ausstellungsgebäudes, wobei das Sicherheitsglas beschädigt wurde. In Senden bei Münster (Nordrhein-Westfalen) ist ebenfalls am 3. Oktober ein 15jähriger Russlanddeutscher von einem 16jährigen Deutschen angegriffen worden. Im Berliner Stadtteil Lichtenberg haben vier Männer im Alter zwischen 22 und 27 Jahren einen Senegalesen angegriffen und verletzt. Die vier hatten ihr Opfer auf einem S- Bahnhof am selben Tag zunächst mit rassistischen Äußerungen beleidigt und ihn dann geschlagen, getreten und auf die Bahngleise gestoßen. Dem 29jährigen Senegalesen gelang es schließlich, zu fliehen und die Polizei zu alarmieren. Diese setzte die alkoholisierten Täter wenig später fest. In Potsdam sind am 3. Oktober mehrere rechte Jugendliche auf einen 20jährigen Mann aus Eberswalde (Brandenburg) losgegangen. Sie überfielen und misshandelten ihn. Der junge Deutsche mit südländischem Aussehen erlitt ein Schädelhirntrauma sowie Prellungen und wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Die rund 20 Rechten hatten ihn nach Angaben der Polizei wegen seines Aussehens als »Afro« und »Nigger« beschimpft und dann ins Gesicht geschlagen. Der jüdische Friedhof in Schwäbisch Hall (Baden- Württemberg) ist am 3. Oktober von Unbekannten geschändet worden. Die Täter beschmierten elf Grabsteine mit roter Farbe und Hakenkreuzsymbolen. Bereits am Morgen war ein 15jähriger Rollerfahrer von mehreren Skinheads überfallen und dabei verletzt worden. In Enger (Nordrhein-Westfalen) sind in der Nacht zum 3. Oktober neun Männer im Alter von 17 und 18 Jahren vorläufig festgenommen worden, weil sie ausländerfeindliche Parolen gegrölt hatten. Die Gruppe war vermutlich auf dem Weg zu einem nahe gelegenen Asylbewerberheim. Einige der Beteiligten bezeichneten das Ganze als »misslungenen schlechten Scherz« ohne rassistischen Hintergrund. In Solingen (Nordrhein-Westfalen) wurden am 3. Oktober nach einem Streit mit einer Gruppe junger Türken vier Skinheads festgenommen. Die vier Männer im Alter von 16 bis 19 Jahren waren zunächst in einer Gruppe von etwa zehn Skinheads durch die Innenstadt gezogen und hatten dabei »Sieg Heil« und »Heil Hitler« skandiert. Daraufhin gerieten sie in Streit mit den Türken. Einen 36jährigen türkischen Imbissbudenbesitzer, einen 24jährigen Türken und dessen 21jährige deutsche Freundin, die schlichtend eingreifen wollten, bedrohten die Skins mit Gaspistolen. Mehrere Juden im Landkreis Hannover (Niedersachsen) sind am 3. Oktober von einem unbekannten Täter mit antisemitischen Sprüchen am Telefon bedroht worden. Zwei Männer haben in der Nacht zum 15. Oktober einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Oberhausen (Nordrhhein-Westfalen) verübt. Niemand sei verletzt worden, teilte die Polizei mit. Die Täter konnten fliehen. Am 10. Oktober ist die Gedenkstätte für den von drei Rechtsextremen ermordeten Mosambikaner Alberto Adriano in Dessau (Sachsen- Anhalt) von Unbekannten verwüstet worden. Zwei Neonazis aus Thüringen sind am 8. Oktober festgenommen worden. Die 22 bzw. 20 Jahre alten Männer gestanden, eine Woche zuvor in der KZ- Gedenkstätte Buchenwald entlang der Zufahrtswege Hakenkreuze geschmiert und die Fenster eines Ausstellungsraumes eingeworfen zu haben. Die brandenburgische Landesregierung hat am 10. Oktober auf eine parlamentarische Anfrage hin mitgeteilt, dass in mindestens zwei Fällen Wissenschaftler wegen ausländerfeindlicher Vorfälle ihren Ruf an brandenburgische Institute abgelehnt haben. Ein indischer Wissenschaftler, der zurzeit in den USA lebt, habe auf die ihm angebotene Stelle verzichtet, weil er in einem deutschen Supermarkt angepöbelt worden sei. Eine Literaturwissenschaftlerin aus den USA, so die Landesregierung, lehnte ihre Berufung an die Uni Potsdam unter Verweis auf ihren jüdischen Ehemann und die ausländerfeindliche Haltung in Deutschland ab. In Schwedt (Brandenburg) haben in der Nacht zum 9. Oktober Unbekannte ein etwa ein Meter großes Hakenkreuz in eine Häuserwand geritzt. Das Gebäude steht gegenüber dem jüdischen Friedhof. Gegen die Zahlung von 300 Mark hat die Staatsanwaltschaft Limburg (Hessen) ein Verfahren gegen einen 63jährigen eingestellt, der im April ein farbiges Mädchen und ihre weiße Schwester bedroht und mit rassistischen Äußerungen beschimpft haben soll. Die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (AGAH) forderte letzte Woche dienstrechtliche Konsequenzen für den verantwortlichen Staatsanwalt. Die Leitung der Limburger Staatsanwaltschaft hat sich inwischen bei der betroffenen Familie entschuldigt. Es handle sich um eine »nicht nachvollziehbare und fehlerhafte Entscheidung«. Unbekannte haben am vorletzten Wochenende in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) auf einem Ehrenfriedhof für KZ-Opfer und Antifaschisten 127 Gräber geschändet. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid sind mehr als zwei Drittel der Bundesbürger der Ansicht, dass zuviele Ausländer nach Deutschland kommen. 71 Prozent der Befragten in Ost- und 64 Prozent in Westdeutschland halten die Einwanderung für »zu stark« und sind der Meinung, diese habe »die Grenzen der Belastbarkeit überschritten«. 73 Prozent der Befragten lehnen es ab, eine solche Position nur der »rechten Szene« zuzuordnen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble (CDU) hat letzte Woche eine Bundesratsinitiative vorgestellt, die anerkannte Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge zu einem umfassenden Eingliederungsprogramm verpflichtet. Der Kurs soll außer der deutschen Sprache auch Grundzüge der Rechtsordnung sowie eine gesellschaftliche Orientierung vermitteln. Wer den Kurs nicht erfolgreich absolviert, dem drohen Sanktionen bis hin zur Ausweisung oder zur Verweigerung einer unbefristeten Arbeitserlaubnis. http://www.jungle-world.com ________________________________________________________________________________ no copyright 2000 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. post to the list: mailto:inbox@rolux.org. more information: mailto:minordomo@rolux.org, no subject line, message body: info rolux. further questions: mailto:rolux-owner@rolux.org. home: http://rolux.org/lists - archive: http://rolux.org/archive